Die Färberflechte
Die sogenannten Färberflechten, die seit
der Antike zur Farbgewinnung gesammelt
wurden, wachsen nur sehr langsam auf Felsen
an der Küste eines warmen Meeres. Sie
brauchen, um zu gedeihen, regelmäßig den
salzigen Sprühnebel der Brandung. In Europa wachsen sie lediglich an den felsigen
Küsten des Mittelmeers, wie z.B. Malta, wo
es kleine Kolonien der Flechten auf den Küstenfelsen
gibt. Aber für die zahlreich notwendigen
hochherrschaftlichen Gewänder in Violett,
Rot oder gar Purpur war das Angebot
an Flechten immer viel zu gering. Die steilen
Klippen an den Küsten der Kanarischen Inseln
waren voll von ihnen, der Bewuchs reichte
bis einige hundert Meter weit ins Land hinein
an den Felswänden in den Mündungen
der "barrancos", der engen Bachschluchten.
Auf dem Kanarischen Archipel sind 13 Flechtenarten
unter den Sammelnamen "Roccella
tinctoria" oder auch "Roccella canariensis"
bekannt. Auf Spanisch heißen sie „orchilla“,
auf Französisch "orseille".
Als Jean de Béthencourt im Jahre 1402
die Kanarischen Inseln in Monopol-Besitz
nehmen wollte, um die dort wachsenden
Flechtenarten abzuernten, konnte er schon
auf 100 Jahre "Farb-Technologie" mit diesem
pflanzlichen Rohstoff zurückblicken. Um
1300 hatte ein Reisender aus Florenz, Mitglied
einer deutschen Familie namens Ferro
oder Frederigo, die Rezepte aus dem Orient
mitgebracht. Während des gesamten 14. Jh.
wurden die Verfahren der Orseille-Färberei in
Florenz geheim gehalten.