Die Kanarischen Inseln mit Afrika im Hintergrund |
"Tan cerca y tan lejos - So nah und sofern." Mit diesen banalen und doch so richtigen Worten beginnt eine der seltenen Studien über die Beziehungen der Kanarischen Inseln zu ihrem nächsten Kontinent. Vielleicht wird dem einen oder anderen Leser diese Frage etwas verspätet vorkommen, eine berechtigte Anmerkung. Was war eigentlich mit Afrika? Schließlich liegen die Inseln knapp vor der afrikanischen Küste, der geringste Abstand beträgt genau 101 km Luftlinie zwischen Punta de la Entallada auf Fuerteventura und Cabo Juby in Afrika. Und trotzdem scheinen das Kanarische Archipel und der Kontinent fremd nebeneinander herzuleben. Marokko oder Mauretanien scheinen ferner zu liegen als Kuba oder Venezuela.
Der tiefere Grund für diese Entfremdung liegt einige hundert Jahre zurück und ist im Verhältnis der ersten französischen und spanischen Eroberer der Inseln zu ihren nächsten kontinentalen Küsten zu finden. Schon Jean de Béthencourt nutzte 1404 eine eher unfreiwillige Landung an der afrikanischen Küste zu einem kleinen Raubzug, seine Nachfolger trieben es über 100 Jahre lang nicht anders, bis die Afrikaner zurückschlugen und die Inseln, besonders Lanzarote, überfielen, ausraubten und ihre Leute zurückholten.
Seit dieser Zeit ist das Verhältnis der Kanarischen Inseln zu ihrem nächsten Kontinent weitgehend zerrüttet. Das Archipel spielte sogar für einige Jahrzehnte die Rolle Amerikas. Die ersten schwarzen Sklaven wurden auf den Zuckerrohrplantagen von Teneriffa und Gran Canaria verheizt, bevor der massenhafte Sklavenhandel mit Amerika einsetzte. Das Kanarische Archipel wieder einmal als Miniaturmodell der "großen" Kolonialgeschichte.
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